Der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und der Anschlag in Halle haben es deutlich gemacht: Im Netz wird eine toxische Atmosphäre geschaffen, die unsere offene und demokratische Gesellschaft vergiftet – auch außerhalb des Internets. Ein wichtiger Grund für die Enthemmung im Netz sind die lückenhafte Gesetzgebung, aber auch die mangelnde Strafverfolgung und Rechtsdurchsetzung. Deswegen begrüßen die HateAid gGmbH und der Verein ichbinhier e.V. ausdrücklich, dass digitale Gewalt von der Bundesjustizministerin als Problem erkannt wurde und nun konkrete Maßnahmen auf den Weg gebracht werden sollen. Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung, die vorgeschlagenen Punkte müssen aber unbedingt ergänzt und erweitert werden.
Klar ist aber auch: Die Bemühungen der Bundespolitik allein werden nicht reichen, um das Problem von Hasskriminalität in den Griff zu bekommen. Rechtsdurchsetzung im straf- und zivilrechtlichen Bereich ist Ländersache. Auch hier gibt es dringend Handlungsbedarf:
„Aus der täglichen Beratung von Betroffenen wissen wir, dass es vor allem in der Praxis große Hürden für Betroffene gibt, wenn sie gegen Täter*innen vorgehen wollen. Das muss sich ändern. Hier sind die Landesjustizminister*innen gefragt,“ sagt Anna-Lena von Hodenberg, Geschäftsführerin der HateAid gGmbH
Für eine Wende in der aktuellen HateSpeech-Debatte legen die HateAid gGmbH und der Verein ichbinhier e.V. daher gemeinsam ein rechtspolitisches Positionspapier zu Hate Speech als Persönlichkeitsrechtsverletzung und Bedrohung für die Meinungsfreiheit und Demokratie vor. In dem Papier werden konkrete Probleme in der straf- und zivilrechtlichen Praxis bei der Bekämpfung von Digitaler Gewalt aufgezeigt. HateAid und ichbinhier e.V. machen dazu rechtliche Lösungsvorschläge, die direkt von Bund und Ländern in der rechtspolitischen Praxis umgesetzt werden können.
„Unsere Forderungen entspringen den täglichen Erfahrungen aus den Kommentarspalten der sozialen Medien. Es muss endlich gehandelt werden: Für Betroffene, aktive User*innen und stille Mitleser*innen entsteht sonst der Eindruck, dass im Netz begangene Beleidigungen, Verleumdungen und Drohungen von der Gesellschaft geduldet werden,“ sagt Sonja Boddin, netzpolitische Sprecherin von ichbinhier.
HateAid gGmbH und der Verein ichbinhier e.V. fordern die Justizministerinnen und Justizminister auf der JuMiKo in Schleswig-Holstein auf, die Expertise und Forderungen beider Organisationen aufzugreifen und ihre Maßnahmen und Forderungen in die Gesetzgebung und rechtspolitische Praxis einfließen zu lassen. Das Positionspapier hat das Ziel, aus der Erfahrung der Praxis einen ganzheitlichen Entwurf zu Lösungs- und Orientierungsvorschlägen für die versammelten Minister*innen, aber auch für das Bundesjustizministerium vorzulegen.
„Jetzt ist es Zeit, gegebene Versprechen einzulösen! Lange genug warten Betroffene von Digitaler Gewalt, dass die Politik sie und das massive gesellschaftliche Problem, das hier entstanden ist, ernst nimmt. Die Zeit zu Handeln ist jetzt!“, erinnert Anna-Lena von Hodenberg.
Postions Papier_Hass im Netz_Was jetzt zu tun ist_ichbinhier_HateAid_korr.
Foto: Shamia Casiano on Pexels